Hoftag des Kooperationsprojektes: „Landwirtschaft macht Schule“ am 26.1.2024 in Kupferzell-Beltersrot


Foto: Bei einer der Stationen des Hoftages wurden Futtermittel genauer unter die Lupe genommen. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

Erst das Melken, dann der Weg der Milch ins Supermarktregal, danach die Fütterung und die Kälberaufzucht – diese Stationen fanden die Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse der Johann-Friedrich-Meyer-Schule in Kupferzell am spannendsten während des Hoftages am 26.1.2024 in Kupferzell-Beltersrot.

 

Dieser Hoftag war Höhepunkt der zwei Kooperationsprojekte „Landwirtschaft macht Schule“ und  „Landwirtschaft digital für die Schule“. Im Rahmen des Projektes entwickelten Fachschüler der Akademie für Landbau und Hauswirtschaft (ALH) Kupferzell gemeinsam mit Studierenden der Pädagogischen Hochschule (PH) Ludwigsburg eine Unterrichtseinheit zum Thema Milchviehhaltung. Dazu entstanden im parallel laufenden Projekt zwei Erklärvideos.

 


Foto: Milch und Milchprodukte - darum drehte es sich bei dieser Station auf dem Hoftag des Projektes "Klassenzimmer Bauernhof" am 26. Januar 2024. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

„Landwirtschaft macht Schule“ ist ein kooperatives Ausbildungsprojekt mit Lehramtsstudierenden für Biologie für Realschule der PH Ludwigsburg und Landwirtinnen und Landwirten der ALH Kupferzell, die in der Ausbildung zum Wirtschafter oder Landwirtschaftsmeisterin sind. Das Ausbildungsprojekt gibt es seit mittlerweile 10 Jahren, während es im Januar 2024 zum 9. Mal durchgeführt wird (pandemiebedingt ist ein Jahr ausgefallen). Es ist ein bundesweit einmaliges Projekt und zeichnet sich durch die sehr enge Kooperation der Projektpartner aus und das gemeinsame Erarbeiten.

 

Eine Klasse, vier Stationen, jede Menge Wissen

Doch zurück nach Beltersrot auf den Hof der Familie Kieß, die Gastgeber des diesjährigen Hoftages sind. Hier warteten auf die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler insgesamt vier Stationen, an denen sie ihr Wissen, dass Ihnen im Vorfeld während vier Doppelstunden im Unterricht vermittelt wurde, in der Praxis anwenden konnten.

 

Zuerst stand die Station bei den Kälbern auf dem Plan jenes Freitagmorgens. Die vor Kurzem geborenen Kälber ziehen einige Stunden nach ihrer Geburt in sogenannte Kälberiglus, in denen sie in den ersten Lebenswochen heranwachsen. Die Iglus wurden besonders genau unter die Lupe genommen und ausgemessen. An dieser Station musste es besonders ruhig zugehen, da die jungen Kälber noch scheu und eher zurückhaltend sind. Doch mit Feingefühl und langsamem Herantasten, konnten die Kinder Kontakt zu den Kälbern aufbauen. Für Schülerin Sophia war besonders schön zu sehen, wie die Kälber an den Trinkeimern nuckeln.

 


Foto: Mit Maß und angeleitet von Fachschülern der Landwirtschaft - die Kinder legen auf dem Hoftag selbst den Meterstab an. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

An einer weiteren Lernstation war das Futter der Milchkühe zentrales Thema. Hier gibt es auf dem Betrieb von Christian Kieß und seiner Familie eine besondere Technik: Mehrere Roboter kümmern sich darum, dass das Futter zur Kuh gelangt. Per automatisch gesteuertem Greifkran werden Futterbestandteile in einen der zwei Futtermischroboter nach vorher durch Familie Kieß festgelegter Rezeptur gefüllt, die auf Leitschienen im Boden zum Futtertisch der Milchkühe gleiten und die vermischte Futterration „servieren“. Diese Technik gibt es bislang erst auf wenigen Höfen in Deutschland. Auch die Kinder waren fasziniert davon und staunten beim Zusehen. Aufgabe für die Kinder war es eine bedarfsgerechte Futtermischung für Jungkühe und Milchkühe zusammenzustellen, nachdem sie alle Futterbestandteile und ihre Nährwerte kennen gelernt hatten.

 


Foto: Roter "R2D2-Bruder" als Futtermischfachkraft - per Roboter werden die Mischfutterrationen für die Milchkühe eingefüllt, zum Futtertisch gebracht und "serviert", pardon: vorgelegt. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 


Foto: Auf speziellen Leitbahnen fahren die Futtermischroboter zum Futtertisch, nachdem die Futterkomponenten eingefüllt wurden. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

Der Weg der Milch - von der Kuh in die Packung

Die Stationen drei und vier standen ganz im Zeichen des Produktes Milch. Gemolken werden die Rinder Familie Kieß ebenfalls automatisch – mit einem Melkroboter. Hier gehen die Kühe, wann sie wollen selbstständig bis zu dreimal am Tag zum Melkroboter. Dieser erkennt mit Hilfe von Lasertechnik das Euter der Kuh und melkt  automatisch, während sich die Kuh einen Snack aus der integrierten „Kraftfutter-Bar“ schmecken lässt. Quasi ein Power-Riegel als Dankeschön für die Milch. Wann sie gemolken wird (egal ob am Tag oder nachts) entscheidet die Kuh. Verglichen wurden die automatisierten Arbeitsschritte beim Melken mit denen bei der bisherigen Technik. Diese Station war das Highlight der meisten Kinder in der fünften Klasse, denn einem Melkroboter sieht man nicht jeden Tag bei der Arbeit zu.

 


Foto: Milch ist gleich Milch? Die Verpackung sagt etwas Anderes: Was die zahlreichen Infos und Label bedeuten, wurde hier kindgerecht erklärt. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

Die letzte Station stand unter dem Motto „Milch: Vom Euter in den Laden“. Im Milchtank der Familie Kieß haben bis zu 40.000 Liter Milch Platz. An jedem zweiten Tag kommt der Milchsammelwagen der Hohenloher Molkerei aus Schwäbisch Hall und holt 11.000 Liter Milch ab. Diese wird dann in der Molkerei zu Frisch- oder H-Milch, Butter oder Sahne verarbeitet. Wie aus Sahne Butter wird haben die Kinder selbst ausprobiert. Daneben führten sie einen Versuch durch, bei dem deutlich wurde, wie viel Fett in der Milch enthalten ist. Ebenso fanden sie heraus, welche Informationen verschiedene Milchkartons enthalten und wie man die Herkunft der Milch herausfinden kann.

 

Das sagen die Kooperationspartner..

Für die PH Ludwigsburg ist Dr. Frank Rösch projektverantwortlich. Am 26. Januar in Beltersrot hält er den Klischeeabbau zwischen Lehrkräften und Landwirtschaft für besonders wichtig – nicht nur in der Theorie, sondern auch in praktischer Wissensanwendung. Dazu trage die Erarbeitung des Lehrgangs in gemischten Teams von Studierenden und Landwirten besonders bei. Im Fokus der Lerneinheit stehe die Kompetenz zu einer eigenen Bewertung zu gelangen. Die Kinder könnten im Projekt lernen, durch Argumentieren mit Behauptungen z.B. zu Tierwohl und Nachhaltigkeit umzugehen und diese selbst aus ihrer Erfahrung einzuordnen.

 


Foto: Vier auf einen Streich - auch die Projektpartner von ALH, PH und Bauernverband haben es auf ein gemeinsames Foto geschafft: (v.l) Felix Hezel (ALH), Prof. Dr. Frank Rösch (PH), Ina Weiß (ALH) und Andrea Bleher (Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems). Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

Die Stärke des Projekts liege in der praktischen Umsetzung des selbst erarbeiteten Materials und im eigenen Durchführen der Lernstationen auf einem echten Bauernhof mit einer richtigen Schulklasse. Für komplexe landwirtschaftliche Themen sprachfähig zu werden und dabei methodisch einer Schulklasse eigenes Erarbeiten zu ermöglichen seien wichtige Aspekte für das Projekt, darin sind sich die weiteren Projektverantwortlichen der Akademie für Landbau Felix Hezel und Ina Weiß und Andrea Bleher, für den Bauernverband Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems einig. Jürgen Maurer, Vizepräsident des Landesbauernverbandes und Vorsitzender in Schwäbisch Hall – Hohenlohe Rems, bestärkte die Kooperationspartner darin, wie wichtig Wissensvermittlung sei, damit Kinder sehen: Milch kommt nicht einfach so aus dem Tetra-Pack, da gibt es auch etwas davor. Für die Landwirtschaft sei es wichtig, Einblick in die Arbeit zu geben, um Wissen zu vermitteln.

 


Foto: Jürgen Maurer, Vorsitzender im Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems, hält vor geladenen Gästen ein Grußwort, während die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler aus Kupferzell die Stationen mit Leben füllen. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

Die weiteren Gäste aus der Verwaltung waren beeindruckt von den sorgfältigen Vorbereitungen der Lernstationen und der handlungsorientierten Umsetzung. Vor Ort gern informiert haben sich: Thomas Hartmann und Silvia Tappe (beide Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz Baden-Württemberg), Dr. Ulrich Dura (Regierungspräsidium Stuttgart), alle Leiter der drei Landwirtschaftsämter: Gerrit Kleemann (Landwirtschaftsamt Schwäbisch Hall), Michael Stuber (Landwirtschaftsamt Rems-Murr), Dr. Thomas Winter (Landwirtschaftsamt Hohenlohekreis), außerdem die neue Schulleiterin der ALH Kupferzell, Frau Christine Heinke.

 


Foto: Gäste aus Agrarverwaltung und Projektpartner freuen sich auf dem Hoftag live dabei zu sein. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband

 

..und das die Teilnehmenden und Kinder

Für die Lehramtsstudierenden war der Tag sehr interessant, sie waren zum ersten Mal beim Kooperativen Ausbildungsprojekt „Landwirtschaft macht Schule“ dabei. Den Hoftag empfanden sie viel besser, als  reine Theorie kennenzulernen. Auch die Kinder haben super mitgemacht. Dass die Schülerinnen und Schüler Spaß hatten, merkte man an diesem Freitag deutlich. Für Sophia war am interessantesten, wie die Kälber mit den Trinkeimern umgehen. Moritz staunte über die Technik der automatischen Fütterung, während Lisa die Funktion des Melkroboters sehr gefiel.

 


Foto: Geschafft im wahrsten Sinne des Wortes - nach einem aufregenden und hoffentlich interessanten Hoftag rücken die Schulkinder für ein Gruppenfoto vor die Kamera. Wir freuen uns auf den nächsten Hoftag im Kooperativen Ausbildungsprojekt "Klassenzimmer Bauernhof" Anfang 2025. Foto (c) Melanie Reimer/Bauernverband.  

 

Zum kooperativen Ausbildungsprojekt:

Die Besonderheit des Projektes „Landwirtschaft macht Schule liegt in der frühen Zusammenführung von Lehramtsstudierenden und angehenden Landwirtschaftsmeisterinnen und -meistern. Diese ist deutschlandweit einmalig und erlaubt einen Einblick in die jeweils andere Arbeitswelt nebst persönlichen Kontakten.

 

Beide Berufsgruppen bringen dabei ihre Fachexpertise ein: Studierende die didaktischen  Aspekte und Grundlagen außerschulischen Lernens, sowie Kompetenzen im Fach Biologie. Die Fachschülerinnen und Fachschüler teilen ihr Fachwissen zur Tierhaltung, insbesondere Fütterung, Stallaufbau und Tierschutz sowie den Verhaltensweisen der Tiere und erarbeiten die Sachinfos zur Lerneinheit

 

Die durch PH- und ALH-Studierende ausgearbeitete Unterrichtseinheit zum Thema Milch enthält vier Doppelstunden in der Johann-Friedrich-Meyer-Schule in Kupferzell. Die Lehrerin Frau Dietz hat die Stundenentwürfe in der 5. Klasse erprobt und man merkte den Kindern an, dass sie sehr gut informiert auf den Hof kamen. Die Projektinhalte bilden eine Verknüpfung mit dem Bildungsplan 2016 und dort vor allem zu Leitperspektiven: Bildung zur nachhaltigen Entwicklung und Verbraucherbildung. Die vermittelten Kompetenzen sind vor allem Kommunikation und  Bewertung.

 

Zum Betrieb der Familie Kieß:

Der Familienbetrieb von Christian Kieß liegt in Beltersrot bei Kupferzell. Die Milchrinderhaltung wurde 2003, 2006 und 2017 erweitert mit neuen Stallgebäuden. Seit 2021 gibt es eine vollautomatische Fütterung, während bereits seit 2013 zwei Melkroboter im Einsatz sind, die Milch je nach Melkbedarf der Kühe in den 40.000 l fassenden Milchtank befördern. Der komplette landwirtschaftliche Betrieb wird durch erneuerbare Energie versorgt. Eine Photovoltaikanlage macht aus Sonnenlicht Strom, der dann gespeichert wird.

 

 

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