Bauernverband Rundmail: Saatgut Treuhand - jüngstes Angebot zur Nacherklärung


Liebe Mitglieder,

viele von Ihnen haben in der letzten Zeit Post von der Saatgut-Treuhandverwaltung erhalten. Mitgeteilt wurde, dass bis zum 25. März 2016 die Möglichkeit besteht, den Nachbau von Saatgut ab den Wirtschaftsjahren 2011/12 zu erklären und damit von Schadenersatzforderungen freigestellt zu werden. Gundlage des Schreibens ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25.6.2015. Dieser hat nun höchstrichterlich festgestellt, dass der Nachbau von Saatgut zur Verwendung im eigenen Betrieb nur dann zulässig ist, wenn bis zum Stichtag 30. Juni des Wirtschaftsjahres der Aussaat die Nachbaugebühr in Höhe der halben Lizenzgebühr bezahlt wurde. Zahlt der Landwirt bis zu diesem Zeitpunkt nicht, ist der Nachbau rechtswidrig und der Landwirt hat Schadenersatz zu leisten. Der Schadenersatz beträgt mindestens die volle Lizenzgebühr, dazu kommen Rechtsverfolgungskosten (Ermittlungskosten, Anwaltsgebühren ...) Schadenersatzforderungen können laut Gesetz bei Deutschen Sorten bis zu 10 Jahren und bei EU- Sorten bis zu 30 Jahren eingefordert werden.

(Bitte lesen Sie den genauen Sachverhalt in der beigefügten pdf-Datei)

Nun bleibt folgendes festzuhalten:

1. Die gesetzlichen Regelungen zum Sortenschutz gelten, es handelt sich um EU -Recht. Mit einer Änderung der Gesetze ist absolut nicht zu rechnen.
2. Nachbau von Saatgut ist dem Landwirt für seinen eigenen Betrieb erlaubt, wenn er bis zum 30. Juni des Wirtschaftsjahrs der Aussaat die Nachbaugebühr von sich aus bezahlt.
3. Betriebe mit weniger als 20,26 ha Ackerland  (in Baden Württemberg) müssen keine Nachbaugebühr bezahlen.

Dazu kommen folgende Vorschriften:

4. Auskunftspflichtig gegenüber der Saatguttreuhand ist ein Betrieb, der Saatgut nachbaut
5. Auskunft darf allerdings nur eingefordet werden, wenn der Saatgut-Treuhand  Anhaltspunkte vorliegen, dass und welche Sorte nachgebaut wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Saatguttreuhand die Anhaltspunkte nicht sofort, sondern gegebenenfalls erst im Gerichtstermiin vorlegen muss.

Die Saatgut-Treuhand bietet nun an, dass bei umfassender Nachbauerklärung bis zum 25.März 2016 für die Wirtschaftsjahre ab 2011/12 , zurückliegende Jahre nicht mehr verfolgt  werden.


Wer dieses Angebot annehmen möchte, sollte berücksichtigen, dass er

a.) wahrheitsgemäß antwortet
b.) auch in künftigen Jahren von sich aus Angaben machen muss

Wer dieses Angebot nicht annehmen möchte, muss berücksichtigen, dass innerhalb der Verjährungsfristen von 10 bzw. 30 Jahren beim Nachweis des Nachbaus Schadenersatz wegen Verstoßes gegen das Sortenschutzgesetz (nicht wegen rückständiger Lizenzgebühren !)  fällig wird. Dieser Schadenersatz  ist wesentlich höher als die Nachbaugebühr und umfasst nicht nur die Lizenzgebühren sondern auch die Rechtsverfolgungskosten. Ob der Sorteninhaber Ihnen den Verstoß nachweisen kann, bleibt dem Einzelverfahren vorbehalten. Im Wiederholungsfall könnten sogar mehrfache Lizenzgebühren fällig werden.

Weil immer wieder die Frage kommt, welche Rolle der Bauernverband in diesem gesamten Szenario spielt:

A.)  Das Deutsche Sortenschutzgesetz wurde im ersten Entwurf bereits im Jahr 1929 vorgelegt, hatte aber bereits einen Vorläufer im Einzugsbereich der katholischen Kirche (dem Kirchenstaat) seit dem Jahr 1833 . Ziel war, einem Züchter zu ermöglichen, seine Sorte als geistiges Eigentum zu schützen. Dieser Schutz ist und war Voraussetzung, dass überhaupt neue Sorten entwickelt werden konnten. Denn nur dann, wenn ein Züchter seine geistige Arbeit in Lizenzgebühren umsetzen kann, gibt es überhaupt ein Interesse, in der Züchtung tätig zu sein und massiv viel Geld in die Züchtungsarbeit zu investieren. Dieses Sortenschutzgesetz ist deshalb wichtige Grundlage unseres heutigen modernen Ackerbaus und der Ertragsssteigerungen.

B.) Im Zuge der Ost-West-Öffnung und der veränderten Strukturen in der Landwirtschaft wurde das Sortenschutzgesetz im Jahr 1991 modifiziert. Immer mehr große Betriebe (vor allem im Osten Deutschlands und Europas)  verwendeten kein Z-Saatgut mehr, sondern bauten selbst nach. Der internationalen Vereinigung der Pflanzenzüchter (UVOP) ist es gelungen, die EU Kommission davon zu überzeugen, dass der Nachbau für den eigenen Bedarf zwar weiterhin privilegiert und möglich bleibt, dafür aber Nachbaugebühren verlangt werden dürfen. Das europäische Gesetz ist seit 1994 in Kraft und in nationalstaatliche Regelungen umgesetzt.

C.) Der Deutsche Bauernverband hatte in einer zwischenzeitlich gekündigten Vereinbarung mit den Saatzüchtern ab dem Jahr 1994 durchgesetzt, dass bei einer freiwilligen Kooperation des Einzelbetriebes mit den Saatzüchtern, je nach einzelberieblichem Z-Saatgutanteil gestaffelt, gar keine oder wesentlich geringere Gebühren zu bezahlen waren. Seit mehreren Jahren gibt es keine Vereinbarung mehr, sondern nur noch die gesetzliche Regelung.  Der Deutsche Bauernverband hat mehrfach Vorschläge für ein unkompliziertes Erhebungsverfahren der Gebühr gemacht, die bei den Saatgutzüchtern auf wenig Gegenliebe gestoßen sind.

Unabhängig davon, dass sich viele Landwirte über die Nachbaugebühren ärgern, bleibt festzuhalten, dass das Gesetz gilt, voraussichtlich unverändert bleibt und daraus Rechtsfolgen entstehen.

Wir bitten darum, genau abzuwägen, wie gehandelt werden soll. Wir können nur auf Grundlage der bestehenden Gesetzeslage beraten. Gesetzesverstöße können und dürfen wir nicht empfehlen, dies wäre Anstiftung zur Hinterziehung von Lizenzgebühren.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr


Helmut Bleher
Geschäftsführer

Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems eV
Am Richtbach 1
74547 Untermünkheim

Tel 07944 9435 0
Fax 07944 9435 111
bleher@lbv-bw.de
www.bauernverband-hohenlohe.de



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