Milcherzeugern droht Preisverfall

von Rainer Grill, Haller Tagblatt vom 16.04.2008


Die Milchbauern stehen doppelt unter Druck: Die Erzeugerkosten sind gestiegen, der Milchpreis droht nach einem kurzen Höhenflug zu fallen.


Schwäbisch Hall : So rasant wie der Milchpreis vor einem Jahr gestiegen ist, kann in den nächsten Wochen die gegenteilige Bewegung erfolgen. Die Molkereien in Crailsheim und Schrozberg sind Beobachter der aktuellen Preisverhandlungen, doch aufgrund bestehender Verträge in nächster Zeit nicht direkt betroffen.


 

Geschäftsführer Dieter Doose vom Milchwerk Crailsheim-Dinkelsbühl: "Unser Weichkäsevertrag läuft bis Herbst." Sein Geschäftsführerkollege Friedemann Vogt von der Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken (Schrozberg) warnt allerdings: "Wenn es im Umfeld zu größeren Preisverschiebungen kommt, ist die Frage: Wie lange hält so ein Vertrag?" Preise für den Milchankauf wollen weder Vogt noch Doose nennen. Das wecke Begehrlichkeiten bei den Abnehmern, heißt es.
 

Martin Boschet, Geschäftsführender Vorstand der Hohenloher Molkerei in Schwäbisch Hall, gibt sind ganz zugeknöpft: "Wir haben am 24. April unsere Hauptversammlung, da gebe ich vorher keine Presseauskunft!" Da gerade der Konsummilchbereich (wie die H-Milch) in Bewegung ist, dürften die Haller in heftigen Preisverhandlungen stecken.
 

Geschäftsführer Vogt erklärt den Preiskampf mit dem Mengendruck sowohl in Deutschland wie in Europa ("man weiß nicht mehr, wohin mit der Milch"). Weiter haben Dioxinspuren im neapolitanischen Büffel-Mozzarella die italienischen Konsumenten verunsichert und zu einem Importrückgang geführt.
 

Internationale Märkte würden wegen des niedrigen Dollarkurses aus den USA bedient. Weiter lasse das schlechte Wetter im Gegensatz zum Vorjahr keinen Absatz von Milchprodukten in Eisdielen zu.
 

Gestiegene Preise für Schlachtkühe sind ein Hinweis, dass angesichts der Milchpreiserlöse der vergangenen Monate derzeit viel Milch erzeugt wird. Doose spricht von einer "Goldgräberstimmung". Vogt: "Die Überkapazitäten sind enorm - die letzte Kuh wird noch gemolken."
 

Die Hohenloher Molkerei hat ihre Anlieferer im März schriftlich vor einer Überproduktion gewarnt: "Im Februar lag die Milchanlieferung in unserer Genossenschaft um 2,39 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahresmonat. Die Milchanlieferung im März verläuft weiter expansiv. Wir bitten Sie, vor dem Hintergrund, dass die nationale Quotenausnutzung voraussichtlich beträchtlich überliefert wird, Quotendisziplin zu bewahren. In vielen Teilen Europas ist die Milchanlieferung ebenfalls stark steigend, am Spotmilchmarkt wird dies mit aller Deutlichkeit sichtbar."
 

Klaus Mugele vom Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe hebt auf die gestiegenen Herstellungskosten ab: Energie und Futtermittel sind innerhalb eines Jahres um sechs Cent teurer geworden. Man dürfe nicht unterschätzen, wie viel Strom auf einem Milchbauernhof benötigt werde, um die Milch zu kühlen. Zusätzlich laufen Lüftung und Melkstand mit Strom. Weil die Bauern zur eigenen Futtermittelproduktion säen und ernten, falle auch der gestiegene Dieselpreis ins Gewicht. Da bei der Herstellung von Dünger viel Energie benötigt werde, sei auch dieser für die Bauern teurer geworden.
 

"Wir Bauern können doch nicht weiterhin die Billigmacher für die Bevölkerung machen", sagt Mugele. Molkereichef Doose moniert das Verbraucherverhalten, Lebensmittel stets nur äußerst günstig einkaufen zu wollen.

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