Bauernverband will nicht den Weltmarkt erobern

Ganz vorsichtig geht eine Neuntklässlerin im Schutzanzug in die Vormastbucht in einem Schweinestall. Beim Klassenzimmer Bauernhof gehört es dazu, zu den Tieren im Stall Kontakt aufzunehmen. Foto: Andrea Bleher

von Jochen Korte, Haller Tagblatt vom 24. März 2017

 

Die Delegiertenversammlung des Bauernverbands Schwäbisch Hall Hohenlohe Rems e.V. tagt in Wolpertshausen.

 

150 Landwirte stimmen dem Haushaltsplan für das laufende Jahr zu. Der Etat für Klassenzimmer Bauernhof steigt auf 30.000 Euro. Die Delegierten beschließen eine Satzungsänderung, nach der die Beratung der Mitglieder detaillierter geregelt und umfassender ermöglicht wird.

 

 

 

Ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal hat der Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems: das Klassenzimmer Bauernhof. Damit wird Schülern und auch Lehrern gezeigt, wie Landwirte in Hohenlohe produzieren, wie Ackerbau und Tierzucht betrieben werden. Verantwortlich für die Organisation ist Andrea Bleher. Klassenzimmer Bauernhof dient der Aufklärung und dem Abbau von Vorurteilen. Damit liegt es genau auf der Linie von Verbandsvorsitzendem Klaus Mugele.

 

„Feindselige Diskussion“

 

„Wir wollen nicht, dass uns jeder anpinkelt und uns Böses unterstellt.“ Diese drastischen Worte wählt Mugele zum Ende seines Berichtes, den er in der Sitzung am Mittwochabend in Wolpertshausen vor etwa 150 Delegierten hält. Der Vorsitzende meint die aus Verbandssicht „unsachliche, mitunter ja regelrecht feindselige Diskussion“ zur Tierhaltung. Wie er in zahllosen Gesprächen mit den Mitgliedern erfahren habe, stelle das das größte Problem dar. Doch Mugele sieht Chancen, dass die „unsäglichen Beschimpfungen“ aufhören. Wie schon beim Bauerntag seines Verbandes sprach er sich für einen gesamtgesellschaftlichen Grundkonsens in der Tierhaltung aus, wie ihn die Delegierten bereits im Vorjahr beschlossen haben.

 

Die Thematik einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung soll auch beim Deutschen Bauerntag im Sommer in Berlin aufgegriffen werden. Mugele berichtet, dass er vergangenen Freitag darüber auch bei der Landessynode der evangelischen Kirche gesprochen habe. „Wir sind also in guter Gesellschaft. Und arbeiten weiter daran“, verspricht Mugele.

Dass der Verband seinen Blick in die Zukunft richtet, zeigt sich auch am „regionalen Qualitätsprogramm Schweinefleisch“ aus Hohenlohe, zu dem ein runder Tisch geplant ist. Jede Produktionsrichtung und jeder Vermarktungsweg würden als gleichermaßen wichtig angesehen, so Mugele. „Die Behauptung, dass der Bauernverband den Weltmarkt erobern will, ist bösartig“, sagt der Vorsitzende. Auch bei dem von „seinem“ Verband gemachten Vorschlag einer örtlichen Betäubung bei der Kastration männlicher Ferkel ohne Tierarzt seien Erfolge zu verzeichnen. Die Nord-West-Kollegen und auch die Firma Tönnies, einer der größten Fleischverarbeitungsbetriebe in Deutschland, redeten der Ebermast nicht mehr einseitig das Wort. Zur Zulassung der von ihm und dem Verband befürworteten örtlichen Betäubung bedürfe es aber noch wissenschaftlicher Untersuchungen.

 

„Kosten im Griff“

 

Die wirtschaftliche Situation des Bauernverbandes beleuchtet Geschäftsführer Helmut Bleher. „Das Jahresergebnis gestaltet sich sehr freundlich. Der Geschäftsbetrieb entwickelt sich positiv. Wir haben die Kosten im Griff und sind gut finanziert“, meint der Fachmann. Für das laufende Jahr wird der Ansatz für das Klassenzimmer Bauernhof von 25.000 auf 30.000 Euro erhöht.

 

Die Delegierten scheinen mit Bericht und Zahlenwerk einverstanden. Es gibt keine einzige Nachfrage. Aber 100 Prozent Zustimmung. Das gleiche gilt auch für die Satzungsänderung, nach der künftig die Mitglieder im Rahmen des Dienstleistungsbetriebes des Bauernverband umfassender als bisher in betriebswirtschaftlichen, sozialen, steuerlichen und Rechtsfragen beraten werden können.

 

Zu Beginn des Abends gibt Peter Kolb, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, einen Einblick in die Lobbyarbeit des Verbandes. Über viele Erfolge könne er gar nicht reden, denn die Politik setze auf Vertraulichkeit. Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit würden auch die Mitglieder schätzen. Zum Brexit meinte Kolb, dass dann mehr denn je die deutsch-französische Achse die hauptsächliche Stütze für die Bauern in der Agrarpolitik sein werde. Den Gesamtverband mahnt er zu mehr Geschlossenheit. „Im klassischen politischen Geschäft sind wir gut aufgestellt“, sagt Kolb.

 

Der Bauernverband  Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems hatte Ende vergangenen Jahres 5072 Mitglieder, die 96.020 Hektar Fläche bewirtschaftet haben. Das sind 142 Mitglieder und 2167 Hektar Fläche weniger als Ende 2015. Die Einnahmeverluste daraus belaufen sich auf rund 10.000 Euro. 72,7 Prozent der Mitglieder bewirtschaften weniger als 20 Hektar. 1386 Betriebe sind größer als 20 und 185 Betriebe größer als 100 Hektar. Die Bilanzsumme beläuft sich auf 1,7 Millionen Euro, das Eigenkapital auf 1,53 Millionen Euro. Größter Brocken bei den Ausgaben sind 631.000 Euro Beiträge an den Landesbauernverband. Die Einnahmen durch Beiträge betragen 770.000 Euro.  25.000 Euro sind für das 75-Jährige im Jahr 2022 in die Rückstellungen geflossen. 2016 lag das Ergebnis bei 43.183 Euro. Die Jahresrechnung 2016 und der Haushaltsplan 2017 sind einstimmig beschlossen worden.  kor

 

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