Bauernverband fordert Baden-Württembergs Landespolitik zum Handeln auf

Hilferuf der Ackerbauern: Neue Vorschriften sind nicht umsetzbar

Der Geschäftsführende Vorstand des Bauernverbandes Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems e.V. fordert ersatzlose Streichung von Aussaat- und Pflügeregelungen von Umweltministerin und Landwirtschaftsminister. Seine Sorge: Sie können die Anbauregeln praktisch nicht umsetzen.

„Noch am Jahresanfang waren die Bauern nach einigen Änderungen in der Neuregelung der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) davon ausgegangen, dass trotz zusätzlicher Umweltauflagen mit dem Konstrukt gearbeitet werden könnte. Doch jetzt nach der Ernte sind die Ausführungsvorschriften bekannt geworden. Jürgen Maurer vom Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems e.V. erklärt: „Plötzlich wurden tausende Hektar Ackerland zusätzlich als erosionsgefährdete Flächen definiert und dazu widersinnige Bewirtschaftungsauflagen erfunden, die einfach und ergreifend nicht umsetzbar sind.“

 

Ein Beispiel: Landwirte müssen nach der Neuregelung der GAP am Jahresende auf 80 % ihrer Flächen eine sogenannte Mindestbodenbedeckung nachweisen. Im Frühjahr wurde veröffentlicht, dass die Einsaat von Wintergetreide diese Vorschrift erfüllt. Nun stellt sich heraus, dass dies in Erosionsgebieten für gepflügte Flächen nur gilt, wenn am 15. November ein sichtbarer Pflanzenbestand vorhanden ist. Die Zuckerrübe, traditionelle Vorfrucht für Weizen, wird erst ab Oktober bis etwa Mitte Dezember geerntet. Vor der Weizenaussaat muss in der Regel gepflügt werden. „Wie um Himmels willen, soll beim neugesäten Weizen innerhalb 1 Woche ein Pflanzenbestand entstehen können?“ so der Zuckerrübenanbauer Jürgen Maurer.

 

Ohne Sommerkultur fehlt der Ertragsschwerpunkt

 

Dies ist aber nur ein einigermaßen verständliches Beispiel der neuen Vorschriften. Denn diese sehen auch vor, dass zwischen dem 15. November und dem 15. Januar oder 15. Februar nicht mehr gepflügt werden darf. Jürgen Maurer ärgert sich: „Mit dem Pflügeverbot und der Mindestbodenbedeckung auf 80 % der Flächen ist in meinem Betrieb im Grunde keine Sommerkultur, das heißt, keine Zuckerrübe mehr möglich.“ Damit fehlt dem Betrieb künftig der Ertragsschwerpunkt.

 

Offensichtlich haben die Behörden erkannt, dass sich die Vorschriften nicht umsetzen lassen und arbeiten fieberhaft an Ausnahmeregelungen. Diese haben es in sich. Helmut Bleher, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes berichtet von zahlreichen Anrufen von Landwirten, wie denn nun die Neuregelungen zu verstehen seien und welche Ausnahmen denn  nun gelten würden. Zum einen sei der Verordnungstext kaum zu verstehen und zum andern könne kein Behördenvertreter heute sagen, wie die Vorschriften denn tatsächlich ausgelegt werden müssen. „Ist die Zuckerrübe, die am 20. November noch steht, eine Mindestbodenbedeckung, wenn sie am 25. November gerodet wird?“ fragt sich Bleher.

 

Entweder pflügen oder Glyphosat – eins davon braucht die Landwirtschaft

 

Ihn ärgert vor allem, der Wust an sich widerstreitenden Vorschriften. „Man kann schon aufs Pflügen verzichten, wenn man im Frühjahr mit Glyphosat wieder unkrautfreie Äcker herrichten kann. Beides geht aber nicht zusammen: Pflug- und Glyphosatverbot“.

 

Aus diesem Grund hat sich der Geschäftsführende Vorstand des Bauernverbandes Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems e. V. entschlossen, die Politik per Brief aufzufordern, die Pflüge- und Aussaatregelungen, sowie die Anforderungen an die Pflanzengröße zur Mindestbodenbedeckung im Herbst ersatzlos zu streichen. Entsprechende Forderungsschreiben, die von allen Vorständen unterzeichnet worden sind, gehen an Umweltministerin Thekla Walker und Landwirtschaftsminister Peter Hauk.

 

„Landwirtschaft findet nicht in klimatisierten Ministerialstuben und Arbeitskreisen, sondern in der freien Natur statt“ sagt Jürgen Maurer. Er betont, dass die Arbeit in der Landwirtschaft von Witterung, Bodenbeschaffenheit, unterschiedlichen Standorten und Vegetationsverläufen bestimmt ist.

 

Bauern fordern „Streichung des Verordnungswahnsinns“

 

 

„Wir brauchen kein strengeres Regelungskorsett sondern mehr Freiheit um den Klima- und Umweltnotwendigkeiten nachzukommen“ so der Vorsitzende des Bauernverbandes. „Aus diesem Grund fordern wir auch statt eines komplizierten Ausnahmeregelwerkes die ersatzlose Streichung des Verordnungsunsinns! Die Umwelt hat nichts davon, wenn die Bauern die Regeln gar nicht mehr einhalten können.“

 

Foto oben: "Hilferuf der Ackerbauern" - der Brief des geschäftsführenden Vorstands an Landwirtschaftsminister Hauk. (c) Daniela Ihro / Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems e.V.

 

Foto unten: Der geschäftsführende Vorstand des Bauernverbands bei der Unterzeichnung des "Hilferufs der Ackerbauern". (c) Helmut Bleher / Bauernverband Schwäbisch Hall - Hohenlohe - Rems e.V.

 

 

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