Endlich wieder auf dem Lernort Bauernhof sein – suchen, streicheln, wiegen und kosten.

Nachdem es rund zwei Jahre sehr schwierig oder unmöglich war, dass unsere Lernort Bauernhöfe (LoB) Schulklassen und Besucher empfangen konnten, geht es derzeit richtig rund auf den Höfen in unserem Verbandsgebiet. Mehrere interessante Tage in den Ställen und auf den Feldern unserer Landwirtsfamilien haben in den letzten Wochen Kinder und Jugendlichen hautnah erfahren lassen, wie und wo unsere Lebensmittel entstehen. Die Freude ist immer groß: Auf allen Seiten – vom Schüler/ Schülerin über die Lehrer/ Lehrerin bis zu den Hofbetreibern.              

Besuch auf dem Bauernhof der Familie Stier in Untermünkheim - Schönenberg

„Die machen das unglaublich gern und sind in dem Alter, in dem sie sehr interessiert sind“, freut sich Lehrer Frieder Kern, der mit 45 Schülern und Schülerinnen zweier fünfter Klasse der Gemeinschaftsschule in Kupferzell auf dem Bauernhof ist. Die Landwirtsfamilie Stier mit Ackerbau und Milchviehwirtschaft hat die Tore dafür weit geöffnet. Noch gut erinnert sich Renate Stier an das letzte Jahr, wo sie zusammen mit Andrea Bleher, als Projektverantwortlicher für Lernort Bauernhof - LoB beim Bauernverband, mit Laptop eine mehr oder weniger stabile Onlineverbindung zwischen den Milchkühen und den Kindern im Klassenraum herstellte. Sie sagt jetzt: „So können sie halt streicheln, riechen, schmecken, und das ist ganz was anderes für die Kinder“.

 

 

 

Berufsorientierung und Lebensmittel vom Bauernhof. Ein Hofbesuch zur Berufsorientierung in Klasse 5 gibt Einblicke in ‚Grüne Berufe‘ und zeigt die Landwirtschaft und die Herkunft von Nahrungsmitteln. Lehrer Kern erklärt, dass das Projekt mit dem Bauernverband und Andrea Bleher, gleichzeitig Vorsitzende von ‚Forum Lernort Bauernhof‘ auf Bundesebene, zusammen entstanden und gewachsen ist. Er findet es für die Schule und für die Lehrkräfte sehr viel einfacher, das Angebot anzunehmen, wenn alles bereits organisiert ist. Und das ist es: An vier wechselnden Stationen auf und um den Hof mit jeweils mindestens einer Betreuungskraft, können sie hautnah erfahren und selbst ausprobieren, wie und wo unsere Lebensmittel entstehen. Claudia Hörscher vom Bauernverband unterstützt beim Selbermachen von Butter, die in einem Glas mit Deckel aus Milch von den Kindern selbst geschüttelt wird. „Sie waren so interessiert, ich bin gar nicht ganz fertig geworden“, sagt sie. In der Pause wird die Butter mit Kräutern vom Hof auf das frisch selbstgebackene Bauernbrot der Familie Stier geschmiert und schmeckt besonders gut.

 

 

Pflanzenbestimmung, Kälber streicheln und die Flasche geben – sie finden alles gut. An den anderen Lernstationen werden zum Beispiel Pflanzen bestimmt oder die Arbeitsschritte auf dem Acker altersgerecht nachvollzogen. „Das ist wie ein Buffet für Hasen und andere Tiere“, erklärt eine Schülerin auf die Frage, warum es gut ist, dass auf einer Wiese so viele Pflanzen wachsen. Wer aufgepasst hat, weiß nun, dass Leguminosen Schmetterlingsblütler und eine Unterart der Hülsenfrüchte sind, die hier eine Art Wohngemeinschaft mit den Bakterien eingehen, welche wiederum Nährstoffe sammeln. Überprüft werden die Namen der Pflanzen mit Hilfe einer Erkennungs-App und dem Smartphone. Anhand von Spielzeuglandmaschinen – für eine greifbare Anschauung - sitzt eine andere Gruppe im jungen Maisfeld. Andrea Bleher fragt in die Runde: „Und was kommt danach?“ Jannis zum Beispiel wohnt zwischen zwei Bauernhöfen und kann die Kreiselegge und das Güllefass schon sehr gestenreich erklären. Er weiß zum Thema Maisernte: „… es wäre schlecht, wenn kein Hänger da wäre, denn der Maishäcksler hat keinen Tank“. Mit hochgezogenen Brauen zeigt er ernst auf den Boden, wo der Mais landen würde. 

 

 

Gleich drei Schulklassen auf dem Bauernhof der Familie Specht in Orendelsall.

Specht‘s empfangen innerhalb weniger Tage nacheinander jeweils eine Schulklasse und zeigen den Jugendlichen den Schweinemaststall. Hier geht es gruppenweise direkt zu den Tieren. Darauf reagieren die Jugendlichen sehr unterschiedlich. „Die einen ziehen gleich die Maske auf und sagen: Ah, da stinkt es. Die anderen laufen ganz unbekümmert hinein“, weiß Hofinhaber Rainer Specht. Mit Klemmbrett, Stift und Thermometer starten die kleinen Gruppen zur Beobachtung der Schweine und zur genaueren Betrachtung des Stalles. Aus hygienischen Gründen - und vor allem zum Schutz vor Krankheiten, die Menschen eintragen könnten - sind die Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse der Pestalozzischule in Pfedelbach fast so vermummt, wie die Spurensicherer im ‚Tatort'. Die Hoffamilie Specht lassen sie die Tiere beobachten, die Stalltemperatur erst schätzen und dann messen. Sie erklären die automatisch gesteuerte Stallbelüftung über große Ventilatoren und was das für die Tiere heißt. Rainer Specht fragt: „Welche Bedürfnisse haben die Tiere?“ Neben Fressen, Trinken und Schlafen sind das eben auch genügend Platz und ein gutes Klima. Die erfahrenen 'Lernort Bauernhof‘ Anbieter möchten, dass die Schulklassen mit den Tieren in direkten Kontakt kommen. „Nun geht es ans Wiegen“, sagt Landwirt Specht. Und weiter: „Was schätzt Ihr: Wie schwer ist so ein Schwein? Dann holen wir doch mal zwei heraus!“. ‚Was?‘ rufen die einen aus der vermummten Gruppe und ‚voll geil!‘ die anderen. Nach kurzer Einweisung geht es schon los mit der Tuchfühlung. Mit Treibpaddel und Treibbrett - beides sichert, die Tiere sanft dahin zu beordern, wo die Waage steht - laufen die Schweine durch den Stall in die richtige Richtung. Sie wiegen zusammen 115 Kilogramm, was die Fixen unter den Jugendlichen teilen gleich durch zwei. Die Schätzungen im Vorfeld haben nicht gestimmt – deshalb haben sie wieder was gelernt.   

 

 

 

Was wird aus Gerste gemacht und wie vermeidet man Krankheiten an Pflanzen? Eine andere Gruppe läuft suchend durch ein Getreidefeld. Eine der Fragen von Andrea Bleher am Feldrand in Orendelsall ist: „Wie viele Ähren wachsen auf einem Quadratmeter?“ Die Mädchen und Jungen zählen akribisch die Ähren und Halme und kommen auf die Zahl 600. Sie lernen von der LoB-Fachfrau, dass aus einem Korn im Boden zwei bis drei Halme wachsen und zählen, dass ihre gesammelte Gerstenähre 22 Körner trägt. Sie vergleichen mit einer Weizenähre und zählen 45 Körner, was fast der doppelte Ertrag für den Landwirt ist. Zusammen wird überlegt, was man aus Gerste alles machen kann. Am Ende wissen die LoB-Teilnehmer, das dieses Getreide hauptsächlich als Tierfutter dient, aber auch für Mehl, für Malz - zur Herstellung von Bier und Whisky - sowie für Malzkaffee gebraucht wird. Den allerdings kennen die Jugendlichen kaum. Nun kennen sie allerdings schon die einzelnen Schritte auf dem Acker und welche Maschinen dazu eingesetzt werden. Eine weitere Gruppe an den vier Lernstationen beim Lernort Bauernhof-Besuch, steht an einem Traktor und sitzt im Fahrerhaus. Die Schülerinnen und Schüler staunen über die 220 PS und amüsieren sich darüber, dass der Größte unter ihnen gerade mal so groß ist wie das hintere Rad der Zugmaschine. Zuvor hatte sich diese Gruppe mit der anfallenden Gülle als Dünger beschäftigt und sich somit den Nährstoffkreislauf in der Landwirtschaft praktisch erschlossen. Mineraldünger wird gekauft - Gülle von den Tieren im Stall ist vorhanden und wertvoller biologischer Dünger. Auch wenn es bei dessen Ausbringung auf den Feldern etwas riecht – je nach Wetterlage. Ein Schüler kennt sich gut aus und weiß, dass die Unkrautbekämpfung auch mechanisch geht, und dass die Bauern gut aufpassen müssen, damit keine Pilze oder Schädlinge in die Pflanzen kommen. Wer das schnell entdeckt und entsprechend reagiert, beugt Krankheiten und Ernteverlusten vor.

 

 

Selbst etwas tun und erleben, wo unsere Lebensmittel herkommen. Schulsozialarbeiterin Janina Maieron und Klassenlehrerin Susanne Oberndörfer von der Pestalozzischule in Pfedelbach begleiten die 16 Schüler bei ihrem Hoftag. Maieron erklärt, dass ihre Schule verschiedene Kooperationen lebt, so auch die mit dem Bauernverband für das Projekt ‚Lernort Bauernhof‘. „Seit 2013 kommen wir im Rahmen der ‚Beruflichen Orientierung‘ mit den Schülerinnen und Schülern von der 5. bis zur 7. Klasse für jeweils einen Besuch auf die Höfe“, sagt die schulische Verantwortliche. Und die Klassenlehrerin Susanne Oberndörfer freut sich, dass nach dem Besuch eines Milchviehbetriebes in der 5.Klasse und einem Obstbaubetrieb in der 6.Klasse nun in der siebten ein Schweinemastbetrieb das Bild für die Heranwachsenden rund machen. „Alle drei siebten Klassen unserer Regelschule waren nun schon auf dem Hof und gerade jetzt finden wir es sehr wichtig, dass sie erfahren und erleben, wo unsere Lebensmittel herkommen“, ergänzt die aufgeschlossene Lehrerin.

 

 

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