Bauernhof in Stadtnähe – mit Schweinestall schwierig, in der Direktvermarktung ein Segen.

„Wenn wir etwas anderes machen, soll das zur Folge haben, dass wir den Preis selbst bestimmen, dass wir kurze Wertschöpfungsketten und dass wir einen guten Kundenkontakt haben. So wie in unsere Direktvermarktung“.  Und wie in der Landwirtschaft üblich, hat das auf dem Bauernhof Schieber, der auch Mitglied im Bauernverband ist, die ganze Familie beschlossen. 2016 wurde das erste Hühnermobil angeschafft und 2019 ging das letzte Schwein vom Hof. Knapp drei Jahre ließ die Landwirtsfamilie alles parallel laufen, um sicherer zu stehen.

Angefangen hat für Karl Schieber alles auf dem elterlichen Hof als typischer landwirtschaftlicher Mischbetrieb in der Ortsmitte – direkt neben der Kirche von Bibersfeld. Von Allem was, viel Handarbeit und wenig Platz. Weil Schwäbisch Hall als Stadt wachsen wollte, ergab sich Mitte der 80er Jahre die einvernehmliche Möglichkeit, am Ortsrand eine neue Hofstelle zu bauen. 1988 haben Karl und Heidrun Schieber angefangen zu bauen, 1989 sind sie eingezogen. Mit 120 Muttersauen plus Nachzucht wurde neu gestartet. Immer wieder gab es Überlegungen, weiter zu wachsen. Der Markt war gut damals, doch haben sich die Landwirte Schieber immer wieder dagegen entschieden. Denn es gab jeweils erste Tiefs und deutliche Anzeichen, dass die Abnahmepreise nicht so bleiben. „Seit 2004 gibt es keine wirklich gute Phase mehr für Schweinehalter, zumindest aus Sicht kleinerer Betriebe. Natürlich gab es immer die Hoffnung, es wird mal besser“, erinnert sich Karl Schieber genau. Seit 2013 bereits zeichnete sich ab, dass es zudem einschneidende Veränderungen in der Nutztierhaltung geben wird. Erst 2015 hat er sich noch einmal damit auseinandergesetzt: Die eigenen Ferkel aufzuziehen, dafür eine zweite Teilaussiedlung vorzunehmen. Dafür muss man vorausschauend bauen und das ist für Landwirte lange schon schwierig. Sie haben sich dagegen entschieden und stattdessen etwas Neues angefangen nach dem Grundsatz „Wenn wir weiter Landwirtschaft betreiben wollen, müssen wir etwas Anderes machen. Grundsätzlich sind wir bereit, mehr für das Tierwohl zu tun. Das war und ist so und wir tun da sehr viel“, versichern die Landwirte Schieber.

 

 

„2016 haben wir uns vorerst parallel dazu entschlossen, das erste Hühnermobil zu kaufen.“ Bis dahin war es ein weiter Weg. „Wir haben lange diskutiert und gerechnet, um nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden“, sagt Tochter Carolin. Sie hat für den Einstieg in den elterlichen Hof sicherheitshalber Landwirtschaft in Triesdorf studiert. Auch weil sie mit einem Studium besser im Arbeitsmarkt steht, wie sie selbst sagt. „Und ich war dafür bekannt zu sagen, ich möchte so viele Schweine wie möglich haben“, ergänzt die junge Frau offen. Nach dem Studium hat sie sich auf anderen Höfen umgeschaut. Sie hat beobachtet, dass es darunter welche gab, „die auf vielen kleinen Beinen standen und superglücklich damit waren“. Das hat sie als Anregung mit nachhause gebracht. Das waren in der Regel Betriebe, die schon anders denken und dieses Wissen gern weitergeben. Carolin Schieber war fasziniert von der Art & Weise der Betriebe, nicht immer nur größer zu werden und mehr zu wollen, sondern anders zu arbeiten und zufrieden zu sein, mit dem was man hat. Zeitgleich offen dafür, Stück für Stück Neues auszuprobieren. Das Hühnermobil war dann auch ein ‚Selbsttest‘ und hätte leichter wieder verkauft werden können, als ein festgebauter Stall, wenn`s nicht läuft. Läuft aber.

 

 

 

Wir wollen immer einen Schritt voraus sein. Deshalb gibt es nun drei Hühnermobile mit Platz für 950 Hennen, die täglich rund 800 Eier legen. Dazu einen sogenannten Ablege-Stall, quasi als ‚Seniorenheim‘ für die älteren Tiere. Denn auch Hühnerherden haben jeweils eine eigene Kultur und die ist nicht immer nur ‚nett‘. So hat jeder was davon. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, in einer hohen Stufe der Tierhaltung, der Freilandhaltung, einzusteigen. Wir füttern regional und frei von Gentechnik. Wir möchten, dass die Leute unsere Hühner jederzeit sehen können.Wir haben uns gegen Bio-Produktion und für Regionalität entschieden. Wir wollten damit einen Schritt voraus sein,“ erklärt die agile Landwirtin, die ihr Wissen auch gern an die Besucher vom ‚Lernort Bauernhof‘ weitergibt. Ihr Vater ergänzt: „Wenn man so eine Kehrtwende hinlegt, muss man sehr genau über die Halbwertszeit nachdenken“. Und alle Schieber`s ergänzen, dass ein Landwirt schon sehr leidensfähig ist, aber dass man so einen Neustart nicht alle zwei bis drei Jahre macht. Gleichwohl sie aus heutiger Sicht alles richtig gemacht haben, da sind sie sicher. Insgesamt, also mit den Tieren im umgebauten ehemaligen Schweinestall, leben 1800 Hennen auf Schiebers Bauenhof. Die ‚Mädels‘, wie die Schibers ihre Hennen liebevoll nennen, haben eine Legeleistung von rund 1500 Eiern am Tag.   

 

Verbraucher haben hier ein Paradies vor der Tür für regionale Produkte. Das langjährige ‚Eierhaus‘ mit einem Verkaufsautomaten am Eingang zum Bauernhof Schieber platzte aus allen Nähten. „Wir haben uns einen Kundenstamm aufgebaut, dem es wichtig ist zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen. Sie finden gut, was wir machen und wir bekommen viel Lob und lange Gespräche. Die Wertschätzung tut einfach gut. Wir wissen, es ist eine Nische. Das kann nicht jeder machen und es ernährt auch nicht alle. Aber es entsteht gerade ein gutes Netzwerk aus Bauern und Lieferanten“, freuen sich Vater und Tochter im gut gefüllten und nagelneuen Hofladen. Regionalität ist auch, wenn man als Kunde nicht fünf Hofläden anfahren muss. Bei Schieber`s ist in diesem Jahr der eigenen Kümmel neu im Angebot. Die Landwirtsfamilie hat die Zuversicht entwickelt, das es positiv vorwärts geht. Diese kam mit dem Hühnermobil und der Transparenz. „Ich vermisse die Schweine schon, aber nicht was dahintersteht. Wir schauen nach vorn und wissen, dass der Endpunkt unserer Hofentwicklung noch nicht erreicht ist. Wir werden uns definitiv weiterentwickeln“, betont die junge Landwirtin Carolin Schieber.

 

 

 

Lernort Bauernhof als Möglichkeit, den Kindern die Landwirtschaft nahe zu bringen. Heidrun Schieber findet diese Arbeit des Bauernverbandes sehr wertvoll und sieht das als Basisarbeit für die Kinder als ‚Kunden der Zukunft‘ an. „Durch die Schulungen für Lernort Bauernhof - dahingehend wie man unserer Arbeit Kindern erklärt - haben für mich die Hemmschwelle herabgesetzt, auf unsere Kunden zuzugehen“, freut sie sich doppelt.    

 

 

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