Unter der Vorausetzung wird bei mir nicht mehr investiert!

Hof Dieter Schechter in Tullau - Schwäbisch Hall

Schweine sind nicht so erpicht auf Heu. Das klingt sarkastisch von Dieter Schechter aus Tullau, ist es aber nicht. Bereits acht Hektar Grünland bewirtschaftet er unter Einhaltung aller Naturschutzrichtlinien in den Kocherauen zwischen Schwäbisch Hall und Westheim: Aber noch mehr Wiesen braucht er nicht, sondern Futter für seine Tiere. Bis die Ernte dafür eingefahren werden kann, muss er auf sein Getreide aufpassen und kann Schutzmittel spritzen – bisher jedenfalls. Das neue Eckpunktepapier stellt für ihn alles in Frage. Geschäftsführer Helmut Bleher positioniert sich dazu. 

“Der Verbraucher erwartet gesunde Lebensmittel - unsere Tiere brauchen das auch”, fasst Dieter Schechter aus Tullau seine Haltung zusammen. Er ist Landwirt im Nebenerwerb, hat den Hof vor Jahren schon von seinen Schwiegereltern übernommen und mit Blick auf die neue Düngeverordnung und das Eckpunktepapier der Landesregierung ist er in großer Sorge. Er bewirtschaftet den früheren Milchviehbetrieb parallel zu seiner Arbeit in der Molkerei in Schwäbisch Hall zusammen mit seiner Frau. Heute gibt es statt fünf bis sechs nur noch zwei Höfe im kleinen Ort zwischen Schwäbisch Hall und Westheim. Seine Felder, dessen Erträge er als Futter für seine rund 100 Mastschweine braucht, liegen in den Kocherauen. Hier im Naturschutzgebiet der Auwiesen, darf er mit ziemlicher Sicherheit zukünftig nur noch eingeschränkt düngen und vermutlich nicht mehr gegen Schädlinge spritzen. Das heißt für ihn, die Unkräuter mechanisch aus den Feldern hacken, dafür fehlt nicht nur ihm ganz sicher die Zeit. Oder er braucht neue Technik, welche die Reihen auf seinen knapp fünf Hektar Ackerland im Naturschutzgebiet, zum Beispiel bei seiner Gerste und dem Winterweizen, breiter anlegt. Das kann er sich als kleiner Betrieb nicht leisten. Die Folge: Wird eine Bekämpfung von Pilzkrankheiten untersagt, ist das Futter- oder Brotgetreide durch die Pilzgifte vollkommen wertlos. „In den Auen gibt es sehr viele Insekten. Sowohl Nützlinge also auch Schädlinge, wie das sogenannte Getreidehähnchen. Die machen mir weniger Probleme. Getreide ist eher empfindlich gegen Pilze und das wird mit der zunehmend warmen Witterung weiter verstärkt.“ Deshalb beobachten die Bauern ihre Felder regelmäßig, um rechtzeitig und so wenig wie möglich einzugreifen. „Das sieht der Bauer ganz genau und es ist wie bei uns Menschen“, erklärt Dieter Schechter. „Sind wir krank, helfen Tee und andere Hausmittel auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Irgendwann reicht das nicht mehr aus, um wieder gesund zu werden. “Die überwiegende Mehrzahl der Landwirte geht seiner Meinung nach sehr sorgsam mit diesen Eingriffen um, denn sie wissen was sie tun. „Es liegt im Interesse des Landwirtes, dass sein Boden gesund bleibt. Ich bin für eine gesunde Mischung. Der Landwirt schafft mit der Natur und die ist nicht jedes Jahr gleich. Da muss angepasst werden.“ Er empfindet aktuell, dass die Landwirte für die Öffentlichkeit scheinbar an allem Schuld sind - was ihn verärgert, wie viele seiner Landwirtskollegen auch.

  

 

 

Landwirtschaft pflegt die Landschaft – das schützt auch vor dem Verwildern. Schon seit den 90`er Jahren pflegt Landwirt Schechter seine Magerwiesen am Kocher. Die Blühmischung von Kräutern und Gräsern ist genau vorgeschrieben. „Darin summt und brummt es ohne Ende“, denn sie ist Heimat vieler Insekten, Kleintiere und Vögel, weiß Schechter. Genauso wie seine 130 Ar Blühacker mit Sonnenblumen, seine Herbstbegrünungen und die Zwischenfrüchte für gesunden Boden. „Wir Landwirte tun schon sehr viel ohne direkten wirtschaftlichen Nutzen, denn das meiste davon wird im Herbst einfach gemulcht“, erklärt er.

 

„Aber unter der Vorrausetzung wird bei mir nicht mehr investiert. Denn wir Landwirte wollen auch Geld verdienen und das totale Verbot von Pflanzenschutzmitteln ist nicht tragbar. Dann kann ich kein Getreide mehr anbauen“, so Bauer Schechter. Er hofft auf eine kooperative Lösung und eine Härtefallregelung für Höfe wie seinen. Schärfer formuliert der eher stille Mann: „Wenn man uns gesetzlich vorschreibt, dass 30% der Fläche biologisch bewirtschaftet werden muss, dann muss man dem Verbraucher auch vorschreiben, 30% Bioprodukte zu kaufen“. Da hat er wohl nicht ganz unrecht. Er muss das alles bald entscheiden, was er in nächsten Jahr anbauen kann und wird. Denn nach der Ernte ist vor der Ernte. Ihm ist wichtig, dass die Landwirtschaft nicht pauschal als Buhmann dargestellt wird. Sondern „dass man uns zutraut, dass wir wissen was wir tun“.

 

 

Geschäftsführer Helmut Bleher zur Unterstützung durch den Bauernverband in dieser Situation: „Das absolute Pflanzenschutzmittelverbot in Naturschutzgebieten ist aus unserer Sicht undifferenziert und überzogen. Wir stehen grundsätzlich zum Eckpunktepapier der Landesregierung, hätten aber in der Ausformung Vernunft und Weitsicht erwartet. Wenn Pilz- oder Unkrautdruck auf dem Acker entsteht, muss man handeln können. Da bringen ideologisch motivierte Verbote gar nichts. Denn die Insektenfauna wird durch Fungizide oder Herbizide  nicht beeinträchtigt. Auf dem Acker im Naturschutzgebiet sollte auch zukünftig noch wertvolles Getreide und nicht nur Disteln und Gestrüpp wachsen können. Das Miteinander ist auch im Schutzgebiet wichtig.“ Bleher appelliert an die Naturschutzseite angesichts der bisher erreichten Ziele und des Einvernehmens hinsichtlich einzelner Fälle, wie der des Landwirtes Schechter, Zugeständnisse zu machen, die keinem weh tun. Denn, so der Geschäftsführer des Bauernverbands: „Es wird ja niemand bestreiten, dass es in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, das Naturschutzgebiet in den Kocherauen als Kleinod für Fauna und Flora zu erhalten und zu gestalten: Und zwar mit wesentlicher aktiver Mitwirkung unserer Bauern!“

 

 

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